Die steigende Nachfrage nach knapper werdendem Wohnraum in Verbindung mit einer rasenden Inflation stellen günstige Marktbedingungen für Immobilienmakler dar - sollte man meinen.
Nichtsdestotrotz haben wir eine enorm lange Vermarktungsdauer bei Immobilien. Preise, die wiederholt reduziert werden, bis die Immobilien endlich verkauft werden.
Die extrem hohen Zinsen sind schuld, höre ich Kollegen aus einer Opferperspektive stöhnen.
Dabei sind die aktuellen Zinsen keineswegs historisch hoch. Eine längerfristige Betrachtung als die der letzten 24 Monate sind bei Immobilien Pflicht.
Doch was geschah, das zu dieser Situation geführt hat?
Die Immobilienpreise sind enorm gestiegen aufgrund von einmalig niedrigen Zinsen. Die Nachfrage vervielfachte sich, da Immobilien plötzlich für viele erschwinglich geworden sind. Der Markt reagierte und innerhalb von drei Jahren stiegen die Preise bspw. bei uns im Landkreis um über 50%. Das Angebot hatte keine Chance die Nachfrage zu bedienen, Makler konnten Fantasiepreise aufrufen, fern von den Sachwerten und die Interessenten kauften - sie überboten sich sogar in den Preisen.
Die Aufgabe der Makler war es, um den Auftrag bei den Eigentümern zu kämpfen, denn um den Verkauf hat sich keiner Sorgen gemacht. Um sich vom Wettbewerb abzuheben, wurden nicht selten höhere Preise statt besserer Service versprochen.
Anfang Q2/22 fingen die Zinsen in einer atemberaubenden Geschwindigkeit an zu stiegen bis sie sich aktuell vorerst bei ca 4% eingependelt haben.
Und nun?
Die Nachfrage nach Immobilien ist weiterhin da - die Marktsituation aufgrund der Finanzierungszinsen jedoch eine andere.
Doch die Immobilienmakler reagieren kaum. Man hat das Gefühl, dass viele das veränderte Marktumfeld nicht wahrhaben wollen und die Augen davor verschließen. Getreu dem Motto: was ich nicht sehe, ist auch nicht wahr.
Wollen oder können sie nicht?
Während der goldenen Zeiten der Selbstläufer haben einige Makler verlernt, mit Service zu überzeugen, und versuchen immer noch Aufträge durch das Versprechen hoher Preise zu generieren. Das schafft jedoch nicht nur Ladenhüter, sondern wirkt sich auch negativ auf den Markt aus.
Denn die meisten Makler arbeiten mit Einwertungstools. Das sind Softwarelösungen, die durch bestimmte Parameter den Marktpreis einer Immobilie ermitteln. Diese Tools basieren auf Preisinformationen der Immobilienplattformen, einerseits Preise aus der Vergangenheit und aktuell aufgerufenen Preisen.
Achtung: Nicht die tatsächlich erzielten Verkaufspreise, sondern lediglich die auf den Portalen aufgerufenen Angebotspreise.
Des Weiteren beobachten die Privatverkäufer den Markt und die aufgerufenen Preise, um ihre Angebotspreise anzupassen.
Ein Teufelskreis, bei dem die größten Verlierer die Eigentümer sind.
Denn wie sich ein anfangs zu hoch angesetzter Angebotspreis auf den tatsächlichen Verkaufspreis auswirkt, erläutere ich in meinem nächsten Bericht.